Dienstag, 23. November 2010

Himmel und Hölle

Mein erster Arbeitstag ist nun um und ich muss sagen: bis jetzt gefällt es mir sehr gut!
Meine Gefühlslage hat sich ein wenig beruhigt - vielleicht hab ich auch einfach keine Tränen mehr übrig -, auch wenn es eine Weile gedauert hat... Samstag habe ich erstmal schön ausgeschlafen (denn einschlafen konnte ich am Vorabend aufgrund meiner inneren Aufruhr vom ganzen Stress des Tages erst nach gefühlten hundert Stunden) und mich dann weiterhin in meinem Zimmer verschanzt. Denn auch wenn die Kinder gerne mit mir Zeit verbracht hätten und sie sich sooo auf meine Ankunft gefreut haben - morgens bzw. mittags lag ein selbstgebasteltes Buch von Hannah vor der Tür :) -, wie auch der Rest der Familie inklusive Hund, habe ich mich nicht überwinden können die Treppen hinunter zu steigen. Sobald ich nämlich die Kinder meiner neuen Gastfamilie sah musste ich an Ave und Cole denken und wieder anfangen zu weinen und sobald mich die Herzlichkeit der Familie erreichte - vor allem seitens meiner Gasteltern - wurde ich an die mit nicht so viel Herzlichkeit ausgestattete vergangene Zeit erinnert. Wieder einmal ein Grund für mich, Tränen zu vergießen. Ich bin es einfach nicht mehr gewohnt, so oft in den Arm genommen zu werden, so oft "Danke" zu hören und wie willkommen ich doch sei. Einerseits weiß ich gar nicht so recht, wie ich mit dieser ganzen Herzlichkeit umgehen soll, andererseits merke ich, wie sehr mir hier in Amerika eine "Familie" gefehlt hat! Denn auch wenn ich wirklich oft und lange mit meinen Eltern skype, es ist nicht das gleiche. Ich seh sie halt nur über den Bildschirm meines Computers, sie können mich nicht einfach mal eben so in den Arm nehmen um mich zu trösten wenn es mir mal nicht so gut geht :/
Abends kam mein Gastpapa zu mir hoch und fragte ob ich beim Abendbrot mitessen wolle. Und irgendwann musste ich ja mal runter, was essen und Zeit mit meiner neuen Gastfamilie verbringen, sie kennenlernen. Außerdem habe ich in den letzten dreieinhalb Monaten - wenn es hoch kommt - drei Mal mit meiner Gastfamilie an einem Tisch gesessen und zusammen gegessen. Das hat mir echt gefehlt, denn das war ich aus Deutschland einfach gewohnt: Abendbrot mit meiner ganzen Familie an einem Tisch - eine schöne Möglichkeit einfach entspannt zu reden und Zeit miteinander zu verbringen. Diese Gelegenheit wollte ich nun also nicht verstreichen lassen... Unten erwartete mich dann eine Überraschung. An dem Tisch im Esszimmer saßen zwei mir nicht bekannte Personen. Schnell wurden mir diese beiden als das erste Au Pair Marika (ich bin das 3. Au Pair nach einigen Babysittern) und ihr Freund Benni vorgestellt, die für nicht einmal 24 Stunden in Amerika sein würden - samstags um 2.00pm gelandet und sonntags um 1.30pm wieder in Richtung Deutschland... "Hey, was hast du so am Wochenende gemacht? - Ich war in Amerika, und du?!"
Abends war ich noch mit Kirsten im Kino - Harry Potter 7, Part 1... ich musste einfach raus aus dem Haus, mich ablenken und jemanden Vertrautes sehen. Und auch wenn der Abend sehr entspannt - auch gefühlsmäßig - ausklang muss ich doch sagen: die zwei vergangenen Tage gehören zu den Schrecklichsten, die ich je durchleben musste.
Seit gestern ging es dann aber stetig bergauf. Gut ausgeschlafen fuhr ich mit meiner Gastfamilie shoppen - ich gönnte mir einen Adventskalender, schließlich ist der Dezember nicht mehr weit (unglaublich, denn das Wetter / die Temperaturen wollen noch lang nichts von einer kalten, schneebedeckten Weihnacht wissen...) und ein kleines bisschen Tradition & Heimat schadet nie. :) Nach einem weiteren gemeinsamen Familienessen schaute ich mir entspannt die American Music Awards an und fand zufrieden den Weg ins Land der Träume. Heute klingelte um 6.30am der Wecker (eine Stunde früher als vorher, aber das nehme ich - morgenmuffeliger Langschläfer! - gern für die richtige Familie und mein Wohlbefinden in Kauf), um 7.00am stand ich - chronische Zuspätkommerin - pünktlich in der Küche und mich erwartete... Rosie, die sehr schlabberfreudige und noch viel sprungfreudigere Hündin. Und sonst niemand. Hm. Gut. Ratlosigkeit machte sich breit, denn einen wirklichen Plan hatte ich nicht - somit wurde erst einmal Rosie mit einer Streicheleinheit beglückt... Meine Gastmutter hat sich extra für diese Woche freigenommen um mir alles in Ruhe zu zeigen - und dann verschläft sie doch promt (wie sich einige Minuten später herausstellte) an meinem ersten Arbeitstag! Diese Woche wird sie mir meine Aufgaben durch (hoffentlich nette) Zusammenarbeit zeigen, also meine Verantwortungen im Haushalt und den Tagesablauf mit den Kindern. Dabei ist es momentan meine Priorität, dass ich gerade im Umgang mit den Kindern durch Zuschauen/-hören lerne, wie meine Gasteltern mit ihnen sprechen, die Regeln setzen, Strafen und Belohnungen verteilen usw.
Ich muss nun zwar wieder von vorne anfangen [wenn auch nicht komplett, meine Freunde sind ja trotzdem noch in der Nähe :)] - alles neu erlernen, mich in meinem neuen Alltag zurecht- und eine Routine in der Arbeit wiederfinden -, aber trotzdem blicke ich nach diesem tollen ersten, recht entspannten Tag, an dem ich sogar schon neue Kontakte knüpfen konnte, zuversichtlich und glücklich meiner bevorstehenden Zeit entgegen... morgen habe ich zudem schon mein erstes Au Pair Treffen mit meiner neuen Gruppe und meinem neuen LCC, am Donnerstag ist Thanksgiving und am Freitag sehe ich Didi nach langer Zeit wieder :D
Ich habe die Leiter von der Hölle in den Himmel gefunden und bin schleunigst empor geklettert! Nun kette ich mich hier fest und gebe meinen Platz auf der Wolke der Glückseligkeit & Zufriedenheit nicht mehr her.
Bis dahin, take care :)

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen